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Menschen mit Demenz besser verstehen lernen

Die Diagnose Demenz bei einem nahen Angehörigen ist für die gesamte Familie eine große Herausforderung, sagt die erfahrene Pflegefachfrau Kerstin Paprzik. Die 54-Jährige ist auf gerontopsychiatrische Krankheiten, dazu gehören Alzheimer- und Demenz-Erkrankungen, spezialisiert. Neben ihrer Pflegetätigkeit engagiert sich Kerstin Paprzik mit Herzblut für Angehörige von Menschen mit Demenz. Sie schult jede Woche Interessierte im Auftrag der Deutschen Alzheimer Gesellschaft Landesverband M-V.

Warum sind Angehörigenschulungen so wichtig?

Demenz verändert das Leben. Kognitive, emotionale und soziale Fähigkeiten nehmen bei den Betroffenen ständig ab. Das Erkennen, Erinnern, Orientieren und Sprechen fällt schwer., Neben einer guten medizinischen und therapeutischen Versorgung und Pflege für Menschen mit Demenz benötigen Angehörige Unterstützung und den Austausch in der Gruppe. Die Schulung soll Angehörige ermutigen und entlasten.

Niemand erwartet von den Angehörigen, die schweren Aufgaben der Pflege und Betreuung auf Dauer und vor allem allein zu erfüllen. Im Rahmen der Schulung sprechen wir umfassend über die vielen Unterstützungsangebote, das Krankheitsbild sowie den Umgang und die Kommunikation mit den Erkrankten.

Was macht den Umgang mit Demenz in der Familie so schwierig?

Zunächst reagieren die Betroffenen selbst mit Scham, wollen es nicht wahrhaben, verstecken ihre Sorgen und Nöte. Auch Angehörigen ist das ungewöhnliche Auftreten des Demenzerkrankten in der Öffentlichkeit oft unangenehm.
Ich möchte aber eine Lanze für die Betroffenen brechen. Es ist wichtig, dass wir unser Denken verändern. Schimpfen und Belehrungen sind unangebracht. Wir müssen eine emotionale Beziehung herstellen, dem Betroffenen in die Augen schauen oder bei den Händen nehmen. Wir sollten die Gefühle des Menschen mit Demenz nicht verletzen. Wir müssen uns stets fragen: Warum reagiert unser Angehöriger so? Wenn wir lernen, die Gefühlswelt des Menschen mit Demenz besser zu verstehen, fällt es leichter, miteinander umzugehen und die schönen Momente im Leben zu genießen. Beispielsweise das gemeinsame Sitzen auf einer Bank, auch gern mit einem Glas Wein. Es ist wichtig, Menschen mit Demenz weiter einzubeziehen, sie am Leben aktiv teilhaben zu lassen und sich Hilfe zu holen.

Welche Hilfe für pflegende Angehörige empfehlen Sie?

Es gibt kein Rezept, das allgemeingültig ist. Dazu ist die Erkrankung zu unterschiedlich ausgeprägt, sind auch die Pflegenden nicht in Schubladen zu stecken. Vielleicht können manche Angehörigen noch lange Zeit die Versorgung und Pflege in der Häuslichkeit gewährleisten. Kinder, die hunderte Kilometer entfernt wohnen, sind sicher stärker auf Hilfsangebote angewiesen. In den Schulungen zeige ich das breite Spektrum der Betreuungsmöglichkeiten auf und ermuntere dazu, sich mit Menschen auszutauschen, die ähnliche Erfahrungen haben. Ich informiere auch zu Fragen der Eingruppierung in Pflegegrade oder wenn es rechtliche Probleme gibt.

In welchem Rahmen finden die Angehörigen-Schulungen statt?

Die Schulung für Angehörige von Menschen mit Demenz umfasst acht Termine und findet im Tagestreff der Rostocker Alltagsengel in der Ahlbecker Straße 4 in Lütten-Klein statt. Derzeit treffen wir uns entsprechend des Hygienekonzeptes in kleinem Rahmen mit drei bis vier Personen. Vor der Corona-Pandemie lag die Gruppenstärke bei bis zu 20 Teilnehmern. Die Schulungen sind kostenfrei. Eine Anmeldung ist möglich unter 0381-20875401 oder angehoerigenschulung@alzheimer-mv.de.

Das Gespräch führten Anette Pröber und Kerstin Paprzik.
Auf dem Foto: Michèle Sawade und Torsten Sohn vom Team KATE und Kerstin Paprzik, Torsten Sohn (v.l.n.r.)